Freitag, 28. November 2014

Roraima Trekking - Venezuela


Hinweis: Dieser Post unterliegt aus gewissen Gründen mehr dem Stil einer Erzählung - frisch von Maui (Hawaii) gepostet, da es in Venezuela das WiFi nicht zugelassen hat, solch einen großen Post zu veröffentlichen

09.11.2014: Um 04.00 Uhr wurden wir zum Flughafen nach Merida gebracht. Wir verabschiedeten uns von der herzlichen Sonya. Das Gepäck kam diesmal unbeschadet am Flughafen in Caracas an, wo auch schon Steffi (Schwester von Manu), Kurtle (Cousin von Manu) und Basti (Freund von Kurtle) auf uns warteten. Nach der großen Begrüßung ging es gemeinsam mit dem Flieger von Caracas nach Puerto Ordaz weiter. Wir sind wieder mit Conviasa geflogen. Wie auch alle anderen Flüge zuvor hatte auch dieser Flug mit Conviasa Verspätung. So sind wir erst gegen 16.00 Uhr in Puerto Ordaz angekommen. Wir hatten noch einen 9 Stunden Roadtrip nach Santa Elena de Uairén vor uns. Die Fahrt wurde aus folgenden zwei Gründen noch zum Höllentrip: Steffi wurde mit einer schwachen Blase geplagt und unser aller Leben stand auf dem Spiel. Das hört sich vielleicht nicht tragisch an, aber die schwache Blase hat die Fahrt um einiges Verlängert und uns gezwungen an einem Militärstützpunkt den wir schleunigst zu passieren gesuchten, länger zu verweilen als geplant. Doch der Höhepunkt war der Ghostdriver. Mitten im Nirgendwo kommt uns auf unserer Spur ein Transporter entgegen geschossen. Als wir die Spur wechselten, wechselte auch der Ghostdriver wieder die Spur. Kurz vor dem Aufprall waren wir alle paralysiert. In sekundenschnelle manövrierte unser Fahrer den Jeep halsbrecherisch um den Ghostdriver seinen Transporter. Wir schossen lediglich gegen das Heck und lädierten die Fahrerseite von unserem Jeep. Den Jeep hat es erwischt, aber wir sind mit dem Leben davongekommen. Schlussendlich sind wir um 02.00 Uhr am Morgen in Santa Elena angekommen. Perfekt um am nächsten Tag den Aufstieg zum Roraima zu beginnen :-)

10.11.2014: Ein wenig übermüdet ging es zum sechstägigen Roraima Trip. Roraima Tepui - angeblich der älteste Punkt der Erde. Mit dem Jeep fuhren wir zu einem Dorf, nahe dem Roraima. Vor Ort wurde unsere Gruppe vorgestellt. Leider haben wir am frühen Morgen erfahren, dass unser englischsprachiger Guide kurzfristig abgesprungen ist (Todesfall in der Familie), weswegen wir einer anderen Gruppe zugeteilt wurden. Unsere Gruppe: vier Venezolaner, eine Niederländerin und fünf Deutsche (das waren wir). Schnell haben sich einprägsame Spitznamen für die Leidensgenossen gefunden. Die Reisebegleiter einmal anders vorgestellt:
- Society Lady: Eine Venezolanerin, die von Ihrem äußerlichem Erscheinungsbild, gerade aus der Disco kam und zufällig zum Roraima Trip dazugestossen ist. Spekulation: Sie hat eine Wette verloren und muss im Disco-Outfit den Roraima Trip überstehen. Sie arbeitet als Bankerin in Caracas
- Vene: Für den Trip der spanisch – englisch Übersetzer
- Safari 1 + 2: Das Pärchen war für einen Überlebenstrip ausgerüstet, konnten aber effektiv kaum mit dem Rest der Gruppe mithalten

Begleitet wurden wir von den Geschwistern Arno, Omar und Selma. Außerdem waren noch drei weitere Träger für das Essen, die Zelte und der mobilen Toilette dabei. Alle standen bereits in den Startlöchern als uns der örtliche Bundesbeamte nicht loslaufen lassen wollte. Der Grund: Es war schon so spät und Geld hätte er auch noch gerne. Also zog sich das noch eine Weile. 50 Bolivars pro Person und einem Eintrag in einem Registrierungsverzeichnis später konnten wir starten.

Am ersten Tag vom Roraima Trip sind wir 12km durch eine Art Savanne gelaufen.


Steffi und Basti hatten (fast) immer das Ziel fest im Blick





Wegen Fehlinformationen (angekündigte Flussüberquerungen) bin ich in Badehose 12 km durchgewandert :-)

Der erste Tag wird auch der Testtag genannt, weil gleich zu Beginn vom Tagestrip einige Hügel zu überqueren sind, die es in sich haben. Zum Einbruch der Dunkelheit erreichten wir unser Basislager.


So sieht das Basislager aus, wenn es noch trocken ist...

Leider war noch niemand von unserer Gruppe da und es fing in diesem Moment an aus allen Kübeln zu schütten. Mitten im Regen wurden die Zelte aufgebaut. Das Basislager war total überfüllt von Reisenden, weswegen nicht jeder vor dem Regen geschützt war :-) Mit nassen und verschwitzten Klamotten vertilgte unsere Gruppe als letztes, ganz ausgehungert, noch Spaghetti Bolognese. Danach ging es ins miefende Zelt - „Bett“.

11.11.2014: Wir sind gegen 05.00 Uhr aufgestanden. Am nahegelegenen Fluss konnten wir uns mit biologisch-abbaubaren Seife waschen.





Nach einem leckeren Frühstück (es gab Perico) machten wir uns auf den Weg. Der Trek hat sich stark gezogen. Unser Ziel war ein Basislager kurz vor dem Aufstieg vom Roraima. Auf der Wanderung hatten wir ständig den Roraima im Blick. Wir überquerten zwei Flüsse. Am einfachsten war die Überquerung in Socken. Nichtsdestotrotz sind nicht alle „trocken“ geblieben (Beweis ist auf einem Video festgehalten, aber ich habe es leider nicht hochladen können).
@Familie Bosch: Einfach mal den Kurtle darauf ansprechen. Mit Sicherheit zeigt Euch Kurtle gerne das Video :-)



Die Landschaft ähnelte gegen Ende einem Dschungel. Dann gab es ein Mittagessen. Nach der Körperpflege im Fluss wurde kurz darauf das Abendessen serviert. In diesem Basislager gab es keine wirklichen Sitzgelegenheiten, weswegen wir im stehen gegessen haben. Danach ging es schon ins Bett. Der Tagesablauf wiederholte sich die darauffolgenden Tage. Morgens gegen 05.00 Uhr aufstehen, einen oder mehrere Wanderungen und um 19.00 Uhr ging es total übermüdet wieder ins Zelt zum Schlafen.


12.11.2014: Wir hatten heute 1.000 Höhenmeter vor uns. So hat der Trek gleich zu Beginn sehr intensiv mit einem Anstieg begonnen. Wir mussten Arme und Beine bemühen, um den steilen Pfad hinaufzukommen.




Wir befanden uns jetzt mitten im Dschungel. Der Aufstieg hatte weniger mit einer Wanderung gemein. Es war vielmehr eine Kletterpartie. Doch als wir das erste Mal die Felswand vom Roraima berührten, tankten wir genug Kraft, um auch den restlichen Aufstieg zu bewältigen.



Kurz vor dem Gipfel forderte uns noch ein wassergetränkter Felsabschnitt heraus. Wir konnten kaum einen Fuß vor den anderen setzen und links von uns war nur Abgrund. Leider ist dieser Abschnitt, wegen seiner großen Herausforderung auch nicht mit einem Bild dokumentiert. Nach diesem Abschnitt konnte uns nichts mehr aufhalten. Nach nur kurzer Zeit, erreichten wir triumphierend und mit geschundenen Knochen die Spitze. Unsere Gruppe ergatterte noch einen Felsvorsprung, welcher uns zumindest ein wenig vor dem eisigen Wind in der Nacht schützen sollte. Der Temperaturunterschied war enorm. Noch vor dem Aufstieg lagen die Temperaturen knapp unter 30 Grad Celsius. Bei Nacht auf dem Roraima sank es bis auf 5 Grad Celsius.

Es wurde also kalt - klar wurde dann auch mal kurz (bei manchen auch länger) gekuschelt:



Es zog immer wieder Nebel auf. Als der Nebel sich kurzzeitig verzogen hatten, nutzten wir die Chance und gingen an den Rand vom Roraima um die Aussicht zu genießen.




13.11.2014: Am Vormittag ging es zum „Window“. Das „Window“ ist eine Aussichtsstelle mit einer Steinformation, was einem Fenster gleicht. Wir warteten bis sich der Nebel verzogen hatte und genossen die Aussicht.



Gerade noch völlig abgrundgefährdet ging es in Schlangenlinien über die mondähnliche Landschaft zu einem natürlichen Jacuzzi zum Baden.

Am Nachmittag sind wir gerade noch dem Regen entkommen und in eine Höhle. An der Decke der Höhle spiegeln sich goldene und silberne Farben. Zum Abschluss sind wir zu einem weiteren Aussichtspunkt gelaufen.



Für Trinkwasser war während des gesamten Trips übrigens auch gesorgt. Das Wasser kam direkt vom Berg und war bereits vom Sandstein gereinigt. Auch auf dem Berg haben wir uns bestens mit Trinkwasser versorgen können:



Immer wieder sind wir auf die natürlichen Kristalle gestoßen. Die Kristalle dürfen nicht vom Berg entnommen werden. Das Gepäck wird scharf kontrolliert. Falls doch etwas gefunden werden sollte, verliert der verantwortliche Tour-Guide seinen Job.



Beim Baden und an feuchten Gebieten sind uns die einzigartigen Frösche begegnet. Diese schwarzen Frösche leben scheinbar nur auf der Spitze vom Roraima. Wegen all dieser schönen Erfahrungen - kurz zusammengefasst: Der Aufstieg hat sich gelohnt!



14.11.2014: Heute stand uns der Abstieg bevor und Kurtle hatte Geburtstag. Wer wünscht sich in seinem Leben nicht auch mal auf dem Roraima seinen Geburtstag zu "feiern"?




Das war der Anfang vom Abstieg - noch strahlen alle...

Das wird ein harter Brocken. Schließlich sollten wir bis zum Basiscamp vom ersten Tag zurück laufen. Also was wir zuvor in zwei Tagen machten, sollten wir Heute an einem Tag bewältigen. Zuallererst ein deftiges Frühstück - zubereitet von Selma:



Zusätzlich hat es in der Nacht stark geregnet. Es hat so stark geregnet, das regelrecht neue Flüsse entstanden sind und zuvor kleine Bäche zu reißenden Flüssen wurden. Das bekamen wir gleich zu Beginn zu spüren, also wir den spiegelglatten Felsabschnitt überqueren mussten.



Doch in allem Überfluss musste uns der Regen auch noch im zweiten Abschnitt vom Abstieg begleiten. Wir alle waren bis zur Unterwäsche – patschnass.


Wir sind schon fast unten :-)


Endlich am Basislager vom ersten Tag angekommen, haben wir alle ein letztes Mal im Fluss gebadet und versucht der Körperpflege nachzukommen. Es wurde Zeit wieder in die Zivilisation zurückzukehren. Schließlich neigten sich die Luxusartikel wie Mückenspray, Fußdeo (ratet mal wer das mitgebracht hat), Feuchttücher und Kontaktlinsen dem Ende zu.

15.11.2014: Wir hatten endlich mal eine trockene Nacht. Jetzt wollte jeder nur noch nach Hause. Doch es machten sich Schmerzen in den Waden und Schenkeln bemerkbar. Basti wurde gezwungenermaßen zum einäugigen Wanderer, weil seine Kontaktlinse von 7,5 Dioptrien in die Wildnis entschwand, Steffi war mit über 85 Stichen überseht, Kurtle, Manu und ich hatten am Nacken eine Verbrennung ersten Grades (inklusive Hautverfall). Die Zombietruppe machte sich also auf zum letzten Trip.


Auch wenn alle Ihr bestes gaben, um auf dem Bild gut auszusehen, die Wirklichkeit sah anders aus :-)

Endlich in Santa Elena angekommen, gaben wir schnellstmöglich unsere Wäsche ab. Es kamen in Summe sieben Tüten Wäsche zusammen. Wir suchten eilig die Duschen auf und fanden uns nur wenig später im Restaurant als neue Menschen wieder. Nicht weil wir jetzt viel gepflegter und wesentlich menschlicher aussahen, sondern weil wir den Roraima in der Regenzeit besiegt hatten. Wir waren nicht mehr die Gleichen wie vor dem Aufstieg. Wir sind jetzt die Veteranen vom Roraima!


16.11.2014: Immer noch total überwältigt von den gesammelten Erfahrungen sortierten wir uns neu. Wir nahmen Abschied von der Posada und von den dort lebenden Hunden mit denen wir uns angefreundet hatten, sowie von Santa Elena selbst – denn heute ging es über den 9 Stunden Road-Trip zurück nach Cuidad Bolivars. Während des Road-Trip ließen wir die Erlebnisse Revue passieren und schmiedeten neue Pläne für Canaima. Nachdem wir in Cuidad Bolivars im Hotel da Gino Quartier bezogen hatten, ging es schon kurz darauf ins Bett.

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